Von Arnim: „Das Team kann echt stolz auf sich sein“

DTB-Präsident Dietloff von Arnim begleitet das deutsche Davis Cup Team in Innsbruck seit Tagen hautnah.

Foto: DTB - Claudio Gärtner

DTB-Präsident Dietloff von Arnim begleitet das deutsche Davis Cup Team in Innsbruck seit Tagen hautnah. Er wohnt im selben Hotel, speist mit der Mannschaft und feuert die Spieler bei den Matches aus der ersten Reihe der deutschen Box lautstark an. Näher dran geht nicht. Wir haben mit dem 61-jährigen Düsseldorfer über seine bisherigen Eindrücke gesprochen und ihn gefragt, was er dem Team noch zutraut, welche Bedeutung Erfolge im Davis Cup für den DTB haben und wie er einen möglichen neuen Austragungsort Abu Dhabi betrachtet.

Herr von Arnim, das Team von Kapitän Michael Kohlmann hat sich als Gruppensieger für das Viertelfinale qualifiziert. Wie bewerten Sie diesen Erfolg?

Wir hatten im Vorfeld eher gehofft, als einer der besten Gruppenzweiten weiterzukommen, und jetzt hat das Team in zwei tollen Partien sowohl Serbien mit Djokovic als auch Österreich geschlagen und den Gruppensieg geschafft – das ist nicht hoch genug zu bewerten.

Es waren zwei aufregende Partien …

Gegen Serbien, wo der Druck wohl nicht ganz so groß war, hat Dominik Koepfer eine klasse Leistung abgeliefert. Und zum abschließenden Doppel von Kevin Krawietz und Tim Pütz gegen Novak Djokovic und Nicola Cacic kann man nur sagen: Respekt und Hochachtung und schade, dass das nicht vor Zuschauern stattfinden konnte. Das Match war an Spannung nicht zu überbieten, eine wahre Achterbahnfahrt mit Happy End für uns.
Danach war es gegen Österreich für das Team viel schwieriger – die sind ja immer motiviert, wenn es gegen Deutschland geht. Unser Team stand enorm unter Druck, aber es hat diesem Druck auch als Team standgehalten. Am Tag zuvor war Dominik im Einzel erfolgreich gewesen, dann gewinnt ‚Struffi‘ sein Einzel  gegen Dennis Novak auf beeindruckende Art und Weise. Und wieder hat das Doppel die Entscheidung gebracht – gefühlt sehr souverän, auch wenn man gerade im letzten Aufschlagspiel von Kevin wieder den Druck gespürt hat. Das Team kann echt stolz auf sich sein.

Wie haben Sie die Mannschaft in den bisherigen Tagen hier in Innsbruck erlebt?

Ich habe selten zuvor eine solch in sich geschlossene, harmonische Mannschaft kennengelernt. Alle unterstützen sich gegenseitig, es gab hier kein einziges negatives Wort. Das ganze Team inklusive des Betreuerstabs ist total entspannt und fokussiert. Wie alle auftreten, wie sie zusammensitzen und alle den maximalen Erfolg wollen und sich gegenseitig den Erfolg auch gönnen – das ist wirklich herausragend und für mich sehr angenehm, dies so mitzuerleben.

Das trägt sicher auch stark die Handschrift von Teamkapitän Michael Kohlmann.

Was Michael schon seit Jahren für einen tollen Job macht, wird meines Erachtens viel zu wenig wertgeschätzt und nach außen getragen. Auch bei Olympia in Tokio hat er gezeigt, wie er ein Team unter nicht ganz einfachen Bedingungen zusammenhalten und zum Erfolg führen kann. Dafür können wir uns nur herzlich bei ihm bedanken.

Was trauen Sie „Kohle & Co.“ jetzt noch zu?

Alles, was jetzt noch kommt, ist ein Sahnehäubchen. Wir sind in der Partie gegen Großbritannien nicht der Favorit, aber ich kann mir vorstellen, dass die Mannschaft noch Erfolgsgeschichten schreiben kann, und zwar aufgrund dieses vorhin erwähnten Teamspirits.

Wie wichtig ist der Erfolg der Davis Cup Mannschaft für den Deutschen Tennis Bund?

Es muss unser Ziel als Verband sein, dass das Interesse am Tennissport wächst. Jede positive Meldung über Tennis ist daher für uns wichtig und gut. Und wir liefern gerade relativ viele gute Nachrichten aus dem Profibereich, vor einer Woche ist unser Topspieler Alexander Zverev ATP-Weltmeister in Turin geworden und jetzt stellen wir uns auch hier gut dar. Das ist insgesamt sehr positiv für unseren Sport.

Werfen wir doch an dieser Stelle einen Blick zurück auf das Jahr 2021 – was waren die Highlights aus Sicht des Deutschen Tennis Bundes?

Da möchte ich zunächst ein singuläres Event herausstellen: die Goldmedaille von Sascha Zverev in Tokio mit der damit verbundenen Berichterstattung. Das war die spektakulärste Goldmedaille von allen mit den höchsten Einschaltquoten. Anschließend hat Sascha noch besser gespielt, er ist Weltmeister geworden und belegt aktuell Position 3 der Weltrangliste. Das ist schon ein Highlight. Auch das ‚Comeback‘ von Angie Kerber in der zweiten Jahreshälfte und jetzt der Davis Cup sind echte Höhepunkte aus dem Profibereich.

Aus Sicht des Verbandes – und das muss man ausdrücklich erwähnen – ist die Steigerung der Mitgliederzahlen nach Jahren der Stagnation zu nennen. Pandemiebedingt sind die Mitgliederzahlen im deutschen Sport rückläufig, wir dagegen haben einen Zuwachs erfahren. Und das liegt nicht nur daran, dass Tennis ein abstandsfreier Sport ist, sondern weil die Vereine und Landesverbände sehr gute Arbeit geleistet haben.

Kommen wir noch einmal auf die traditionsreichen Mannschaftswettbewerbe zu sprechen, den Davis Cup und den Billie Jean King Cup, der früher Fed Cup hieß. Sehen Sie die aktuellen Formate als gelungen an oder muss man sie hinterfragen?

Der Davis Cup wurde vor einigen Jahren ja in Frage gestellt und man hat sich für das aktuelle Format entschieden. Der Deutsche Tennis Bund hat sich dazu klar positioniert, in dem er gegen dieses Format gestimmt hat. Aber jetzt müssen wir damit leben und die demokratisch getroffene Entscheidung akzeptieren. Es wäre interessant gewesen zu beobachten, wie der Gruppenmodus in Innsbruck mit Zuschauern funktioniert hätte. Bei der Partie Österreich gegen Deutschland und den Spielen von Novak Djokovic wären ja sicher viele Fans gekommen. Jetzt, nach dem Ausscheiden der spanischen Mannschaft, müssen wir leider befürchten, dass in Madrid nicht viele Zuschauer bei der Endrunde dabei sein werden …

… ohne die Gastgeber ist das eine echte Bewährungsprobe für das Format …

… ja und ich glaube, dass weltweit alle Verbände und Vereinigungen – also ITF, ATP und WTA –gefordert sind, sich zusammenzusetzen und zu entscheiden, welche Mannschaftswettbewerbe man bei den Damen und Herren eigentlich haben möchte und welche zu den wirklichen Höhepunkten im Turnierkalender zählen können.

Was sagen Sie zu den Plänen, den Davis Cup ab dem kommenden Jahr in Abu Dhabi auszutragen?

Wir haben davon gehört, aber noch hat die ITF dazu nicht offiziell Stellung bezogen. Das passiert vielleicht nach dem Finale in Madrid am Sonntag. Aber ob das nun Abu Dhabi, Madrid oder welcher Austragungsort auch immer es sein wird – das wichtigste ist, dass über den Zeitpunkt der Veranstaltung gesprochen wird. Ein Zeitpunkt wie jetzt am Ende einer Saison – das ist für den wichtigsten Mannschaftswettbewerb einfach nicht gut, egal ob das nun der Billie Jean King Cup oder der Davis Cup ist.

Das Viertelfinale zwischen Deutschland und Großbritannien wird am heutigen Dienstag ab 16.00 Uhr in der Olympiahalle von Innsbruck ausgetragen. ServusTV überträgt die Begegnung live.